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Konflikt zwischen AStA und Uniführung und Politik eskaliert – warum eigentlich?

Ein Gastbeitrag von Boris Ksoll

In Hannover soll eine Dozentenstelle der Leibniz-Universität neu besetzt werden – mit einem aktiven Polizisten. Statt einer sachlichen Diskussion um die Freiheit der Lehre und der Notwendigkeit der wissenschaftlichen Distanz zum Forschungsthema (persönliche Betroffenheit des Forschenden) entsteht ein ideologischer Streit.
Richtig ist: Der AStA und der studentische Fachrat Sozialwissenschaften befürchten Interessenkonflikte bei aktiven Polizisten, die an einer universitären Einrichtung lehren. Eine für Hochschuldozenten notwendige kritische Distanz zum Forschungsgegenstand sei möglicherweise nicht gegeben, wenn Polizeibeamte die eigene Organisation analysieren. Die Studierendenvertreter führen dabei Karrierestreben, besonderen Gruppendruck bei Sicherheitsorganen sowie Macht- und Abhängigkeitsstrukturen als mögliche Gründe an, weshalb Probleme in der eigenen Institution nicht offen kritisiert werden. [1]

Darüber lässt sich freilich diskutieren. Die Argumente allerdings sind zunächst einmal nicht von der Hand zu weisen.
Falsch ist es, diese Einwände als grundsätzliche Ablehnung der Institution Polizei oder als Herabsetzung des designierten Dozenten zu werten. Wer diesen Weg geht, sucht entweder eine populistische Möglichkeit, sich hinter die Polizei und gegen böse Studenten zu stellen, oder er hat die Funktion der Wissenschaft nicht verstanden:

Natürlich kann dieser Polizist ein hervorragender Dozent sein. Trotzdem muss es erlaubt sein, eine solche Personalentscheidung zu hinterfragen. Was wäre, wenn die Dozentenrolle es erforderte, den Dienstherren zu kritisieren? Würde der Vorgesetzte dies als förderlich für die weitere Karriere des Dozenten verbuchen oder würden kritische Themen so vielleicht anders unterrichtet, als von einem unabhängigen Dozenten?

Der größte Vorteil der Personalie: Insiderwissen. Aber: Darf es verwendet werden? Demgegenüber steht das Problem, dass der Beamte nur “eine Seite” als Insider kennt.

Würde ein Student mit ACAB-Shirt (das ist ein vielleicht nicht sympathische – aber zulässige Meinungsäußerung) fair bewertet werden? 

Würde der Dozent aufgrund seiner beruflichen Laufbahn im Hörsaal Anfeindungen ausgesetzt sein (menschlich verwerflich, aber möglich)? Wie würde der Dienstherr (und welcher) seine Fürsorgepflicht wahrnehmen?
Statt die Sorgen der Studenten ernst zu nehmen, werden diese jetzt von der Uniführung und der Politik des undifferenzierten Polizeihasses verdächtigt. Dabei mag die Verweigerung des AStA, zur Klärung einer Podiumsdiskussion beizuwohnen, in diese Richtung gedeutet worden sein. Hier hätte die AStA deeskalieren können. Die Uniführung und unser Innenminister hätten nicht deeskalieren können: Sie hätten es müssen – das Vorrecht der Jugend, auch mal etwas hitzig sein zu dürfen, haben ältere Herrschaften in hoch dotierten Positionen nebst Beraterstab nicht. 

Deshalb fordern wir PIRATEN alle Beteiligten auf, in sachliche Gespräche einzutreten und eine einvernehmliche Lösung zu suchen, die es zweifelsohne gibt. Populistische Forderungen und Beschuldigungen sind zu unterlassen. Eine Fensterscheibe wurde schon Opfer, irgendwann fließt sonst Blut.

Unsere Position zur Wissenschaft und ihrer Unabhängigkeit ist zentraler Bestandteil unseres Politikverständnisses [2]; genauso wie wir zu unserer Polizei stehen – die wir natürlich trotzdem genau beobachten, wenn es um unsere Bürgerrechte geht. Eine bessere personelle und materielle Ausstattung wünschen wir uns außerdem. [3] Zudem: Wie einfach könnten wir Polizei und Justiz entlasten, indem wir auf eine unnötige Prohibition – Cannabis – verzichteten… wir arbeiten daran [4].

Quellen
[1] https://www.haz.de/Hannover/Aus-der-Stadt/Leibniz-Universitaet-Hannover-Konflikt-um-Polizist-als-Dozent-eskaliert

[2] https://wiki.piratenpartei.de/Parteiprogramm#Ethische_Neutralit.C3.A4t_und_Ideologiefreiheit_der_Wissenschaft

[3] https://wiki.piratenpartei.de/NDS:Wahlprogramm_LTW_2017#Bessere_Ausstattung_von_Polizei_und_Justiz

[4] https://wiki.piratenpartei.de/Parteiprogramm#Neue_Drogenpolitik

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source https://piraten-nds.de/2021/04/30/konflikt-zwischen-asta-und-unifuehrung-und-politik-eskaliert-warum-eigentlich/

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